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Test: Tormented Souls

von Pat

Survival-Horror war in den späten 90ern und frühen 2000ern kaum aus Spielebibliotheken wegzudenken. Resident Evil als Urvater, Silent Hill, Dino Crisis, Galerians, Deep Fear, Vampires Countdown – die Liste könnte man ewig so weiterführen. Tank-Controls, oft vorgerenderte Hintergründe, Ressourcenknappheit und kompromisslose Speichersysteme sind die Eckpfeiler dieses Genres gewesen, bis diese Elemente, begünstigt durch neue Technik, teilweise ausgetauscht wurden und das klassische Gameplay ausstarb. In letzter Zeit gab es immer mal wieder Versuche, den Survival-Horror von früher wiederzubeleben, Gurken wie Dawn of Fear schafften aber nicht annähernd, den alten Spirit einzufangen. Mit Tormented Souls hat sich ein kleines Indiestudio dieser Aufgabe nun auch angenommen – aber auch erfolgreich? Das klären wir im folgenden Review!

Clearance-2023

Zwischen Resident Evil und Silent Hill

Da ich meine bisher gefahrene Schiene beibehalten möchte werde ich nichts explizit über die Geschichte erzählen, da besonders bei so einem Spiel, das halt von seiner Story lebt, jeder Satz zuviel sein könnte. Die Rahmenbedingungen sehen aber wie folgt aus: ihr spielt Caroline Walker, eine junge Frau, die einen Brief mit einem Foto von Zwillingsmädchen erhält. Plötzlich plagen sie schreckliche Kopfschmerzen und wiederkehrende Albträume, so dass sie sich nach einiger Zeit entscheidet, die Absenderadresse des Briefes aufzusuchen und herauszufinden, welches Geheimnis dort auf sie wartet. Der Ort stellt sich als ein altes Krankenhaus/Herrenhaus heraus, doch kurz nach der Ankunft wird Caroline niedergeschlagen und dort gefangen gehalten. Nun liegt es an euch, die mysteriöse Geschichte aufzudecken und aus dem Anwesen zu entkommen.

Klingt nach Resident Evil? Ist es teilweise auch! Man merkt den Einfluss des Kultklassikers schon ziemlich stark, sowohl bei der Architektur des Hauses als auch natürlich bei der generellen Spielidee. Doch auch Silent Hill-eske Momente finden sich wieder und runden die Hommage an das „verlorene“ Genre ab. Die Story an sich ist dabei kein Meisterwerk und ist auch relativ schnell zu durchschauen, zumindest schon bevor man sie langsam durchschauen sollte, hält aber trotzdem bei der Stange und ich wollte das Ende dann schon sehen, auch wenn es wie gesagt etwas vorhersehbar war. Da aber direkt ein Pluspunkt an Tormented Souls und die Entwickler Dual Effect und Abstract Digital: es gibt verschiedene Enden, die allesamt auf unterschiedliche Weise freigespielt werden müssen. Auch das kann man als Verneigung vor dem Genre verstehen, schließlich haben auch RE und SH damals schon unterschiedliche Endings geboten.

Tormented Souls kann das „alte“ Spielgefühl fast perfekt übermitteln.

Was mir persönlich nicht so gut gefallen hat und meiner Meinung nach auch ziemlich unnötig ist, ist das Sexualisieren der weiblichen Protagonistin. Klar, irgendwo ist es im Rahmen der Story verständlich, dass sie in einem absolut miserablen Zustand in diesem Gewölbe festgehalten wird, warum sie allerdings zu Beginn komplett nackt und mit einem Schlauch im Mund dargestellt werden muss, entbehrt sich für mich jeder Notwendigkeit und dient wohl nur als Schock- bzw. kontroverser Moment. Den Anfang hätte man da umgestalten können, ohne den Schrecken des Hauses zu verlieren.

Klassisches Gameplay, modern verpacktzweischneidige Technik

Spielerisch liefert Tormented Souls genau das ab, was man bei klassischen Survival-Horror Titeln erwartet. Fixe Kamerapositionen, (wahlweise) Tankcontrols, Rätsel – und für mich funktioniert es immer noch hervorragend. Klar, es ist nicht besonders modern und könnte gerade Spieler, die nicht mit Resident Evil (oder sogar Alone in the Dark?) groß geworden sind, durch „altmodische“ Gameplaymechaniken abschrecken, nichtsdestotrotz bietet es 8 – 10 Stunden unterhaltsamen Gruselspaß. Ihr habt dabei die Wahl, ob ich mit Tankcontrols (durch Nutzung des Digipads) oder direkter Steuerung (Analogstick) spielen wollt, wobei ich mich da für den Analogstick entschieden habe, auch vor dem Hintergrund des besseren Ausweichens von Gegnern.

Die Rätseleinlagen sind teilweise schöne Kopfnüsse und nicht so simpel wie mittlerweile leider auch die der RE-Reihe. Hier muss gerechnet, adaptiert und teilweise sogar in verschiedenen Zeitsträngen gedacht werden, eine absolute Wonne für Leute, die nicht unbedingt nur Action brauchen. Die gibt es zwar auch, ist aber nur Beiwerk und für mich auch kein sonderlich schönes. Die grausam-schön designten Monster legen teilweise komisches Movement an den Tag und auch die Animationen an sich sind eher clunky als geschmeidig umgesetzt. Dazu kommt, dass Tormented Souls absolut gnadenlos ist, was das Speichern angeht. Es kann nämlich durchaus vorkommen, dass ihr eine Stunde zockt und dann durch die ungelenken Kämpfe das Zeitliche segnet, vorher aber nicht mehr speichern konntet. Da es, wie auch in den klassischen Vertretern ihrer Zunft, keine Checkpoints gibt, müsst ihr also ganze Abschnitte noch einmal von vorn spielen. Und da Speichermedien (für die jüngeren Jahrgänge: ihr könnt nicht speichern wann und wie ihr wollt, sondern müsst im Fall Tormented Souls Aufnahmebänder sammeln, die ihr dann an den entsprechenden Aufnahmegeräten einsetzen und so dann speichern könnt) ziemlich rar sind, solltet ihr euch verdammt vorsichtig durch die Gänge bewegen.

Der Abstieg in die Dunkelheit könnte für Caroline tödlich enden. Versucht so regelmäßig wie möglich zu speichern.

Denn neben den Ungeheuern macht euch auch die Dunkelheit zu schaffen. Eines eurer wichtigsten Items ist ein Feuerzeug, mit dem ihr die Umgebung erhellen und Kerzen entzünden könnt. Haltet ihr euch zu lange in dunklen Räumen auf werdet ihr von einer unbekannten Macht mitgerissen – Game Over. Da Caroline aber nur einen Gegenstand festhalten kann kommt es zu Situationen, in denen ihr euch mit eurem Waffenarsenal nicht zur Wehr setzen könnt, da ihr die freie Hand für die Lichtquelle Feuerzeug braucht. Das macht das Spiel aber auch etwas berechenbarer, denn oft weiß man schon, dass Räume mit entzündbaren Kerzen früher oder später Gegner enthalten werden – das Feuerzeug fällt dann nämlich weg.

Zu einem guten Horrorspiel gehören natürlich auch Schreckmomente, die hier glücklichweise selten in Form von Jump Scares präsentiert werden. Klar, den ein oder anderen Moment gibt es, grundsätzlich wird der Horror aber durch die sehr schaurige Atmosphäre geschaffen. Altmodisches Interieur, wenig Licht und eine bedrohliche Soundkulisse werden gut eingesetzt und schaffen so ein wenig dieses Gefühl, was Silent Hill 2 meiner Meinung nach perfektioniert hat: man wartet ständig auf einen Schreckmoment, es passiert aber nichts. Die Intensität erreicht zwar nie das Level von Konamis Gruselgame, kann sich aber sehen lassen.

Auch wenn es für das Genre nicht ungewöhnlich ist: die Spielzeit von 8 – 10 Stunden ist etwas kurz, und auch wenn es drei Enden gibt, die Wahl findet kurz vor dem Ende statt, daher ist ein komplettes Durchspielen nicht mehrmals nötig.

Tormented Souls sieht erst einmal toll aus. Die Hintergründe, Lichteffekte und Kamerafahrten sorgen für eine gruselige Stimmung und beweisen, dass „altes“ Gameplay visuell trotzdem modern aufbereitet werden kann. Was hingegen nicht so gut aussieht sind die Animationen, da diese schon abgehackt wirken und nicht so ganz ins Gesamtbild passen. Dazu kommt, dass ich das Gefühl habe, dass die Entwickler sich nicht zwischen Comic- oder realistischem Stil entscheiden konnten. So realitätsgetreu die Umgebung auch dargestellt wird, die Figuren und auch deren Animationen haben einen Comic/Anime-Touch und sind irgendwie over-the-top. Musikalisch gibt es nicht viel zu beanstanden, auch wenn es natürlich nie das Niveau eines Silent Hills 2 oder Resident Evil 1 erreicht.

Das Gegnerdesign weiß zu überzeugen, diese Mischwesen aus Fleisch und Metall versprühen einen abgedrehten Charme – leider gibt es nur nicht so viele Arten. Die Überraschungen bleiben aus, nach der Hälfte des Spiels hat man jeden Gegnertyp, ausgenommen Zwischen- und Bossgegner, gesehen. Da wäre mehr möglich gewesen.

Mensch-Maschinen Hybride machen Jagd auf Caroline. Leider gibt es nicht sehr viele Gegnerarten.

Fazit

Tormented Souls hat mir eine Menge Freude bereitet. Für jemanden, der mit Resident Evil groß geworden ist und von solch einer Art Spiel nicht genug bekommt, ist TS das perfekte Spiel. Es erreicht zwar nie die Klasse der Platzhirsche zu ihrer Hochzeit, hat dieses Spielgefühl aber sehr schön in die heutige Zeit transferriert. Nur die etwas unschönen Animiationen, die zu nervigen Kämpfen führen können, die kurze Spiellänge ohne Wiederspielwert, wenig Gegnerauswahl und der unnötig sexualisierte Start des Spiels sind für mich größere Kritikpunkte. Für Fans des klassischen Genres ist das Spiel auf jeden Fall eine „frische“ Alternative. Eine gewisse Frusttoleranz ist dabei aber unabdingbar.

7.7

Gameplay

8.2/10

Grafik

7.9/10

Sound

8.0/10

Umfang

6.5/10

Pros

  • Klassisches Survival-Horror neu aufgelegt
  • Voraussehbare, aber trotzdem interessante Story
  • Schaurige Atmosphäre

Cons

  • Unsaubere Animationen
  • Kurze Spielzeit ohne Wiederspielwert
  • Unnötig sexualisierter Beginn

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