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Test: Clock Tower Rewind

von Pat

Er ist wieder da! Fast 30 (!) Jahre nach dem ursprünglichen Release von Clock Tower wird der Scissorman in Clock Tower Rewind wieder auf uns losgelassen. Rewind ist ein Remaster des Ur-Spiels aus dem Jahre 1995 (SNES Version) bzw. 1997 (Playstation 1 Version), das mit einigen Quality of Life Verbesserungen, neuen Inhalten und einigen Extras um die Ecke kommt. Doch lohnt sich der Besuch des Barrows Mansion, dem namensgebenden Clock Tower, auch fast drei Jahrzehnte später noch? Oder können auch Verbesserungen am Gameplay ein angestaubtes Konsolen Point-and-Click Adventure zu keiner Renaissance mehr verhelfen?

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Um direkt eine Sache klarzustellen: Clock Tower Rewind ist prinzipiell immer noch das Spiel von 1995. Es ist kein Remake und selbst bei dem Begriff Remaster würde ich tatsächlich noch streiten, schließlich hat sich vor allem grafisch kaum was getan. Klar, die Auflösung wurde angepasst und ihr habt jetzt die Wahl zwischen verschiedenen Anzeigemodi (Vollbild, Klassisch, Zoom) und einem CRT-Filter, eigentlich ist es aber eher sowas wie ein Director’s Cut, der jetzt zum ersten Mal außerhalb von Japan erschienen ist. Die SNES- und Playstation Version (als auch die PC- und Wonderswan-Varianten) sind nur in Japan erschienen und bis auf Fanübersetzungen gab es nie die Möglichkeit, Clock Tower in seiner ursprünglichen Fassung zu genießen – das hat Rewind jetzt glücklicherweise geändert.

Doch worum geht es in Clock Tower überhaupt und wie spielt es sich denn? Clock Tower ist ein Point-and-Click Adventure, in dem ihr das Waisenkind Jennifer Simpson spielt, das von der Barrows Familie mit einer Handvoll anderer Kinder adoptiert wird und ab sofort im Clock Tower, dem Anwesen der Barrows, leben soll. Doch schon kurz nach der Ankunft am neuen Heim verschwinden eure Freunde plötzlich, nachdem sich zuvor Mary Barrows, die Mutter der Barrows Familie, auf der Suche nach ihrem Mann gemacht hat, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Clock Tower fackelt dann auch nicht lange herum und schon nach ein paar Minuten und der ersten Leiche wird euch klar, dass sich neben den Waisenkindern auch ein Riesenscheren schwingender Psychopath im Gebäude aufhält und Jagd auf euch und die anderen Heranwachsenden macht.

Im Laufe der Geschichte lernt ihr dann natürlich die Geheimnisse des Barrows Clans kennen und trotz der nicht wirklich überraschenden Auflösung kann die Reise von Jennifer durchaus genügend Spannung aufbauen, um euch am Ball zu halten. Dazu kommt, dass das Spiel neun verschiedene Enden besitzt und ihr vielleicht bei eurem ersten Playthrough denkt, dass ihr dem Scissorman auf die Schliche gekommen seid, es aber doch noch viel mehr zu entdecken und aufzulösen gibt. Um euch die Bandbreite der Enden etwas deutlicher zu machen: ein Ending könnt ihr nach knapp zehn Minuten erreichen, indem ihr euch einfach in das erste Auto setzt, falls ihr vorher den passenden Schlüssel dazu gefunden habt, und dann das Weite sucht. Ihr seid dem ganzen Spuk dann (vermeintlich) entkommen, wisst aber gar nicht, warum diese Dinge im Clock Tower geschehen und wer dahinter steckt, ganz zu schweigen davon, dass ihr eure Freunde dem sicheren Tod überlasst. Es lohnt sich also daher, jedes Ende mitzunehmen, um wirklich alles über die interessante Lore zu erfahren.

Spielerisch ist Clock Tower erst einmal ganz unscheinbare Adventurekost. Ihr klickt mit eurem Cursor Gegenstände und hervorstechende Punkte an, sammelt und kombiniert Items und löst Rätsel. Was das ganze Erlebnis zu einem Survival-Horror Point-and-Clicker macht, ist die Anwesenheit des Scissormans. Ursprünglich noch an geskripteten Stellen erscheinend, kommt der Killer des Spiels in der Rewind-Variante jetzt komplett zufällig auf die Bühne und versucht euch wortwörtlich einen Kopf kürzer zu machen. Um den Angriffen zu entgehen müsst ihr euch entweder verstecken oder euch mit herumliegenden Gegenständen wie beispielsweise einer Schaufel zur Wehr setzen. Das setzt euren Jäger allerdings nur für eine kurze Zeit außer Gefecht, töten könnt ihr den Scherenmann so nicht.

Jennifer besitzt so etwas wie eine Ausdaueranzeige, die mit sich mit jedem Sprint oder jeder kräftezehrenden Aktion leert und durch Sitzpausen oder generell ein gemächlicheres Tempo bei der Erkundung wiederhergestellt werden kann. Ausdauer ist vor allem in Paniksituationen wichtig, in der ihr die entsprechende Paniktaste so schnell wie möglich drücken müsst um über Schränke zu klettern oder den Scissorman bei Konfrontation umzustoßen. Aber sei euch dort direkt gesagt: ihr könnt euren Killer damit nicht wegschubsen, Kondition in der Zeit wiederherstellen und ihn wieder aus dem Weg räumen. Sollte euch der Scherenmann innerhalb eines „Jagdzyklus“ ein zweites Mal erwischen, dann hilft euch auch die beste Ausdauer nichts, dann segnet ihr das Zeitliche. So wird verhindert, dass ihr euch durch Buttonmashing in Kombination mit ausreichender Ausdauer den Angriffen entziehen könnt und dem Spiel damit seine Gefahr nehmt.

Das Gameplay funktioniert sowohl während der Jagd als auch in ruhigeren Rätselsequenzen immer gut, man muss sich aber auf eine gewisse Trägheit in der Ausführung der Aktionen einstellen. Nach einem Klick auf einen interessanten Punkt dauert es schon immer etwas, bis Jennifer sich in Bewegung setzt und die gewünschte Tätigkeit dann erledigt. Das ist in Situationen, in denen man nicht gerade verfolgt wird, weniger tragisch. Sobald euch der Scissorman allerdings an den Fersen klebt und es manchmal nicht eindeutig ist, ob Jennifer eure Eingabe nicht registriert hat oder einfach länger braucht, kann das schon nerven und im schlimmsten Fall in eurem Ableben resultieren.

Dafür ist das Speichersystem ziemlich gnädig, vor jedem kritischen Moment wird automatisch gesichert und gibt euch die Möglichkeit, eurem Tod doch noch zu entkommen. Es kann auch mal vorkommen, dass der Speicherstand so gesetzt ist, dass es wirklich auf Sekunden ankommt und es frustrieren kann, gesoftlockt wurde ich bisher aber noch nie -eher driftet es dann in Trial and Error oder pixelgenauen Eingaben ab.

Die Rätsel sind größtenteils logisch aufgebaut und lassen sich mit Hirnschmalz gut lösen. Es kann aber durchaus passieren, dass ihr wichtige Items überseht und trotzdem weiter im Spiel voranschreiten könnt. Die Rechnung bekommt ihr dann am Schluss, in Form von einem von insgesamt neun Enden – der Wiederspielwert ist damit auf jeden Fall gesichert. Bis zu einem gewissen Punkt ist Clock Tower ein lineares Adventure, gibt euch aber auch genug Freiraum, so dass ihr nicht gezwungen seid, alles in einer bestimmten Reihenfolge zu erledigen. So kann es aber wie eben erwähnt passieren, dass ihr euch für bestimmte Endings „aussperrt“. Mit einer Gesamtspielzeit von ca sechs Stunden für alle Enden ist das aber kein Beinbruch und locker verschmerzbar.

Rewind bietet euch die Möglichkeit, das originale Clock Tower, also den SNES Release zu spielen oder direkt den namensgebenden Rewind-Modus zu spielen, der sich an der Playstation Version orientiert und euch das Leben als Jennifer einerseits erleichtert (ihr könnt bspw. jetzt auch Treppen hochrennen und nicht mehr nur gemütlich hochtraben), es euch aber durch die zufälligen Scissorman Begegnungen erschwert. Ich würde dennoch empfehlen, bei eurem ersten Durchlauf direkt die Rewind-Variante zu wählen, einfach auf Grund der Quality of Life Anpassungen – es spielt sich einfach runder.

Neben den beiden Spielen beschert euch Clock Tower Rewind Zwischensequenzen im Animelook, die ihr aber leider nur im Hauptmenü anschauen könnt und nicht im Spiel selber erscheinen, Konzeptart und einen Musikplayer, also alles Goodies, die eher für Fans des Spiels relevant sind und wahrscheinlich von vielen Spielern nicht genutzt werden.

Grafisch ist Clock Tower halt immer noch ein SNES Spiel, wenn auch ein sehr schönes. Ich finde den Pixellook zeitlos, auch wenn ich nichts gegen einen alternativen Grafikmodus gehabt hätte, eventuell sogar im Stil der neuen Cutscenes. Trotzdem ist der grafische Rahmen ansprechend und besonders im Genre der Point and Click Adventures durchaus passend. Was den Nagel aber wirklich auf den Kopf trifft ist die soundtechnische Untermalung. Soundtrack und -effekte harmonieren perfekt und gerade das Ausbleiben eines Musikstückes kann für eine perfekte Atmosphäre sorgen, wenn man minutenlang nur die eigenen, sich hallenden Schritte hört, die dann plötzlich vom Klirren der Scherenblätter unterbrochen werden. Am ganzen Tonkonzept können sich auch aktuelle Horrorspiele noch ein paar Scheiben von abschneiden, hier passt wirklich alles.

Kann ich Clock Tower Rewind als Gesamtwerk empfehlen? Ein klares Ja, mit einer einzigen Einschränkung: ihr müsst euch auf alte Adventures einlassen können. Rewind ist kein Einsteigerspiel und wird euch wahrscheinlich nicht zu Fans des Genres machen, dafür ist die Handhabung dann doch zu sperrig und schwerfällig und durch den Scissorman und dem damit einhergehenden möglichen Tod Jennifers vielleicht auch zu frustig. Wer sich jedoch damit anfreunden kann, eventuell auch schon das Original (durch)gespielt hat und glücklich über einen offiziellen Release in Europa ist, der sollte bei einem Preis von ca. 20€ auf jeden Fall zuschlagen. Euch erwartet ein spannendes und ungewöhnliches Point and Click Adventure mit einem der wohl unbekanntesten und gleichzeitig ikonischten Videospielantagonisten im Survival Horror Bereich.

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