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Test: World of Horror

von Pat

Plattform: Windows, Playstation 4, Playstation 5, Nintendo Switch
Erscheinungstermin: PC: 19. Oktober 2023 / Playstation 4, Playstation 5, Switch: 26. Oktober 2023
Genre: Roguelite-RPG/Adventure
Developer: Paweł Koźmiński
Publisher: Ysbryd Games

Clearance-2023

World of Horror ist ein Roguelike-RPG, das euch in ein japanisches Dorf führt, in dem die alten Götter mit grausamen Ritualen beschworen werden und Tod und Zerstörung über die Erde bringen sollen. Ich habe mir die PC-Version des außergewöhnlichen Titels angeschaut. Warum außergewöhnlich? Das erkläre ich im nachfolgenden Test!

Studenten, Arbeiter oder angehende Popsternchen – in World of Horror könnt ihr aus einer breiten Palette an Protagonisten wählen, die kurzerhand einen neuen Job bekommen haben: das Ende der Welt verhindern. Das möchte nämlich ein ziemlich gefährlicher Kult in einem kleinen japanischen Dorf mit Hilfe mörderischer Rituale erreichen, indem er durch fünf Beschwörungen einen der ältesten Götter erweckt und damit die Hölle auf Erden losbrechen lässt.

Fünf Beschwörungen passt zwar nicht so ganz, weil es eigentlich allesamt unterschiedliche Fälle sind, die gelöst werden wollen, euch aber alle dem großen Finale näher bringen. Mal ist ein Botaniker verschwunden, der ein geheimnisvolles Düngemittel ausprobieren wollte, mal wird in der Nachbarschaft mit tödlichen Blutegeln hantiert. Für jeden gelösten Fall erhaltet ihr einen Schlüssel, von denen ihr fünf benötigt, um den Leuchtturm betreten zu können, in dem die Beschwörung des ältesten Gottes stattfindet.

Doch wie laufen so Fälle nun eigentlich ab? Ihr wählt in eurem Appartement ein Mysterium aus und könnt euch dann per Buttons durch die Stadt bewegen. Es gibt also einen Button für das Krankenhaus, einen Button für die Innenstadt, einen Button für den Strand etc. Euch wird dann bspw. geraten, erst einmal die örtliche Bibliothek zu besuchen, um eventuell Aufzeichnungen über das zu untersuchende Ereignis zu finden. Ihr bewegt euch also in die Bibliothek und werdet nun vor Auswahlmöglichkeiten gestellt, die immer einen anderen Ausgang für euch parat halten und abhängig von euren Werten sind. Möchtet ihr Unterlagen durchwälzen, um so an Infos zu kommen? Dann braucht euer Charakter einen hohen Intelligenzwert. Vielleicht wurdet ihr aber auch verfolgt und müsst nun gegen einen Stalker kämpfen, falls ihr ihn nicht überreden könnt, es lieber sein zu lassen. Dann braucht ihr eine gehörige Menge Charisma. Im Prinzip ist World of Horror ein Entscheidungssimulator, ihr wählt ständig zwischen zwei oder mehreren Optionen aus und schaut, was passiert.

Im schlechtesten Fall müsst ihr euch körperlich zur Wehr setzen, dann schaltet das Horroradventure in ein rundenbasiertes Kampfsystem, bei dem eure wichtigste Währung Zeit darstellt. Ihr habt eine Zeitspanne von 200 Sekunden, in denen ihr Aktionen durchführen könnt. Aktionen kosten, wie sollte es anders sein, Zeit. So könnt ihr euren sehr vielfältigen Kontrahenten mit einem schweren Schlag die Rübe einkloppen, könnt euch danach aber keine defensive Aktion mehr durchführen, weil der Schlag schon zu viel Zeit gekostet hat und ihr kein Zeitkontingent mehr übrig habt. Oder ihr schaut euch in der Umgebung um, um eine geeignete Waffe zu finden, verteilt dann einen leichten Hieb und geht danach in Ausweichstellung, um dem gegnerischen Angriff zu entgehen. Ihr müsst also viel taktieren und schauen, wie ihr die euch verfügbare Zeit am optimalsten nutzt. Nach jedem Kampf und bei bestimmten Ereignissen sammelt ihr außerdem Erfahrung, die zum Level Up führen. Ganz klassisch könnt ihr dadurch eure Werte erhöhen.

Eure Spielfigur besitzt neben den Charaktereigenschaften wie Charisma, Stärke oder Intelligenz zwei Werte, die bei Verlust dieser Game Over bedeuten: Stamina und Reason – also Ausdauer und Vernunft. Stamina stellt in diesem Fall eure HP dar, die ihr in Kämpfen oder Zufallsereignissen verlieren und bspw. mit einem heißen Bad in eurem Bude wieder auffrischen könnt. Reason ist ein weiterer Wert, der nicht auf 0 sinken darf, hauptsächlich aber durch schlechte Entscheidungen sinkt und nicht sonderlich viel bei Kämpfen aufgebraucht wird. Vor allem Fälle, die entweder besonders blutrünstig sind oder irgendeine Art von Geist bzw. Dämon enthalten, kann eure Vernunft ziemlich schnell zu Neige gehen.

Beide Werte können durch Aktionen (wie das erwähnte Bad) oder Items wieder auf Vordermann gebracht werden. Aktionen, die nichts mit dem zu untersuchenden Fall zu tun haben, kosten jedoch auch Zeit. Zeit, die den sogenannten Doom-Wert erhöhen. Der Doom-Wert ist in Prozent angegeben und verrät, wie weit das Ritual rund um die älteste Gottheit abgehalten wurde. Bei einem Wert von 100% ist die Beschwörung abgeschlossen und das Spiel vorbei. Daher muss man immer wieder abwägen, inwieweit man nebensächliche Dinge erledigen kann, damit am Ende noch genügend Zeit zur Verhinderung der Beschwörung übrig bleibt.

Im Laufe eines Durchgangs könnt ihr euch Begleiter an die Seite holen, die euch neue Entscheidungsmöglichkeiten eröffnen und euch in Scharmützeln auch unterstützen können. Apropos Durchgang: World of Horror ist, wie zu Beginn des Testes schon erwähnt, im Genre der Roguelites angesiedelt. Das heißt, das eure Spielrunden relativ kurz sind, der Tod dafür aber auch endgültig ist. Ich habe für meinen ersten erfolgreichen Durchlauf ca. 1 1/2 Stunden gebraucht, so in diesem Zeitrahmen bewegt ihr euch. Dadurch ist das Spiel auch für kurze Session sehr gut geeignet. Dazu kommt, dass World of Horror aus sehr vielen Zufallselementen besteht und sich die Durchgänge daher selten sehr ähneln, irgendwas unterscheidet sich immer. Dazu habt ihr auch noch die Möglichkeit, eure Durchläufe zu individualisieren und Parameter vor dem Spielstart anzupassen.

Aus technischer Sicht ist World of Horror unfassbar toll anzuschauen und -zuhören. Die Grafiken wurden vom polnischen Entwickler Paweł Koźmiński (der übrigens hauptberuflich Zahnarzt ist und das Spiel in seiner Freizeit programmiert hat) in Paint handgezeichnet, was ich so gar nicht für möglich gehalten hätte. World of Horror wird in einem 2-Bit Look präsentiert, das bedeutet, dass es tatsächlich nur zwei Farben darstellt: schwarz und weiß. Das verpasst dem Spiel, das schon von seinen Zeichnungen an ein Manga erinnert, einen noch passenderen Look. Trotz der farblichen Limitierung geizt WoH nicht mit Gore-Effekten: aufplatzende Augäpfel, abgerissene Gliedmaßen und literweise Blut gehören hier zum guten Ton.

Gutes Stichwort: Ton. Die Soundkulisse in World of Horror könnte glatt aus einem NES-Spiel stammen, schafft es aber trotz „dudeliger“ Töne schaurige Tracks auf euch loszulassen. Sprachausgabe gibt es keine, was aber auch zu verschmerzen ist, da das Spiel einerseits kein großes Budget hatte und das ganze Spielprinzip auf Texten, die gelesen werden wollen, basiert. Das alles zu vertonen wäre eine Mammutaufgabe geworden und hätte mir auch so ein wenig die Immersion genommen, so spielt sich World of Horror nämlich eher wie ein interaktiver Roman. Dafür gibt es aber eine deutsche Lokalisation, würde aber die englische empfehlen, die wirkt runder.

Doch was gefällt mir an World of Horror denn jetzt und wo sehe ich Verbesserungspotential? Ihr dürft auf jeden Fall nicht lesefaul sein, denn WoH ist vom Gameplay ein reines Textadventure, das mit Bildern untermalt wird – quasi ein spielbares Bilderbuch. Außerdem müsst ihr eine ziemlich hohe Frusttoleranz besitzen, zumindest zu Beginn, da das Spiel euch zwar ein Tutorialkapitel anbietet, wirklich viel erklärt wird dort aber nicht. Das meiste Wissen eignet ihr euch an, indem ihr einfach spielt und schaut, was alles passieren kann. Das macht einerseits den Reiz des Spiels aus, kann aber auch sehr frustrierend werden und die Lust am Spiel erheblich mindern, je nachdem, was für ein Typ Spieler ihr seid. Die Menüs sind manchmal zu verschachtelt bzw. Schaltflächen sind nicht immer einheitlich platziert und variieren von Bildschirm zu Bildschirm, was für Verwirrung sorgen kann. Der Schwierigkeitsgrad ist, auch abgesehen von der anfänglichen Verwirrtheit, ziemlich knackig, was besonders bei Kämpfen auffällt.

Abgesehen von diesen Kritikpunkten, die von Spieler zu Spieler anders zu gewichten sind, ist World of Horror aber ein sehr tolles Horrorspiel, besonders für Fans von H.P. Lovecraft und Junji Ito. Die ganze Präsentation ist mit sehr viel Liebe zum Detail umgesetzt und zog mich komplett in seinen Bann. Die Sprites, der Sound, die ganze Atmosphäre: ich habe mich tatsächlich gefühlt, als versuche ich das Ende der Welt zu stoppen. Trotz der Brutalität versprüht das Spiel melancholische Vibes, es wirkt alles so hoffnungslos, gleichzeitig möchte man aber auch nicht einfach aufgeben, einfach klasse! Das Spielprinzip hat mir persönlich sehr zugesagt, ich empfinde die kurzfristigen Runden als sehr angenehm und auch bei erfolgreichem Abschluss gibt es noch so viel zu sehen und freizuschalten, dass die Motivation für weitere Durchläufe auf jeden Fall gegeben ist.

World of Horror ist ein einzigartiges Spiel, das zu Beginn nicht sehr zugänglich ist, mit der Zeit aber seine Stärken ausspielt und immer wieder zu motivieren weiß. Aus „noch eine Runde“ können ganz schnell auch mal Stunden werden, ebenso gut kann man vor dem Schlafen gehen aber auch nur eine kurze Session einlegen. Atmosphärisch weiß World of Horror zu überzeugen, Paweł Koźmiński hat hier wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Der schwierige Einstieg und das etwas unübersichtliche Userinterface sind dabei meine Hauptkritikpunkte an einem ansonsten sehr gelungenen Spiel.

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