Als System Shock 2 erschien war ich 11 Jahre alt. Ich habe viel in Zeitschriften über dieses Spiel gelesen, es sei bahnbrechend und ein Wertung 90%+ Kandidat, manche sagten es sei eines der besten PC-Spiele aller Zeiten. Es gab nur ein Problem: ich war ein kleiner Schisser und traute mich schlichtweg nicht dran. Jetzt haben die Arkane Studios und Human Head Studios Prey entwickelt und Bethesda es raus gebracht, für mich zumindest der geistige Nachfolger von SS2. Doch bringt der Weltraum-Shooter-RPG Mix alles mit, um ein, wie sein gefühlter Vorfahre, Hit zu werden?
Im Weltraum hört dich niemand schreien
In Prey übernehmt der Spieler die Rolle von Morgan Yu, einem Wissenschaftler auf der Raumstation Talos I, der sich gegen einen Angriff der Alienspezies Typhon erwehren muss und einen Weg aus der Weltallhölle sucht. Die Story wird dabei hauptsächlich mit Hilfe von Audio-Logs, Büchern und E-Mails erzählt – ich bin immer noch kein Fan davon und werde es wahrscheinlich auch nie werden. Zu Beginn hat man auch noch nicht wirklich eine Ahnung, warum man nun auf Talos I stationiert und was überhaupt passiert ist, zum Ende hin nimmt die Geschichte allerdings etwas fahrt auf und wird noch einigermaßen spannend, wirklich vom Hocker gerissen hat sie mich jetzt aber nicht. Da es auch durchaus vorkommen kann, dass man Tagebücher oder Diktiergeräte übersieht, bekommt man natürlich dann auch nicht alle Hintergrundinfos mit. Positiv hervorzuheben sind allerdings verschiedene Enden, die abhängig von gespielten Quests und Entscheidungen während des Spielverlaufes sind. Ich hab zwar noch nicht alle Enden gesehen, ist aber auf jeden Fall ein Anreiz, das Spiel mehrere Male durchzuspielen – wenn die Story einen bei der Stange hält.
Tool Time – Morgan, der Handwerkerkönig
Was mich viel mehr bei der Stange gehalten hat als die okaye Story war das sehr spaßige und fordernde Gameplay. Prey ist eine Mischung aus Shooter und rudimentärem RPG, d.h. ihr sammelt Skillpunkte (im Spiel Neuromods genannt) und verteilt sie auf verschiedene Fähigkeiten – zu erst nur auf menschlicher Basis, später könnt ihr auch die Typhontechnologie für euch verwenden. So lassen sich Geschütztürme hacken und Schlösser knacken, man bekommt sogar die Möglichkeit, sich in verschiedene Gegenstände zu verwandeln. Der letzte Skill ist einer von vielen, die sich von den Typhon adaptieren lassen. Bestimmte Gegnertypen nutzen nämlich u.a. diese Fähigkeit und morphen sich in eine harmlose Kaffeetasse, die euch dann plötzlich aus dem Hinterhalt angreift – Schockmoment inklusive! Die Fähigkeiten der Typhon müssen im Gegensatz zu den „normalen“ Skills erst einmal freigeschaltet werden, damit man sie dann überhaupt mit Neuromods erwerben kann. Dafür muss man die Alienbrut mit einem Scanner anvisieren und eine Zeit lang im Blickfeld halten.
Ansonsten kann man wie auch in Bioshock oder anfangs erwähntem System Shock 2 verschiedene Skillwege wählen und auch kombinieren. Ihr könnt euch zu einem Meistermechaniker skillen, der sich durch technische Unterstützung durch Talos I bewegt oder ihr wählt den leisen Weg und levelt euch zu einem Morgan Fisher/Snake, den die Gegner kaum bemerken. Ich habe bei meinem Playthrough den Weg des Hacker-Tanks gewählt, konnte dementsprechend gut Terminals knacken, habe aber auch einiges an Schaden ausgehalten und habe selber gut ausgeteilt.
STARdew Valley – Farming ist alles
Neben den Neuromods könnt ihr an bestimmten Maschinen Gegenstände recyclen und mit den dadurch erhaltenen Materialien Items herstellen. So lassen sich u.a. Munition, Medikits und sogar Neuromods herstellen. Besagte Gegenstände lassen sich überall auf in der Raumstation finden, man verbringt daher auch einige Zeit mit dem Farming – auch von Gegnern, da auch diese recyclebare Materialen liegen lassen. Da der Spieler allerdings nur ein begrenztes Inventar zur Verfügung hat sollte man regelmäßig eine der vielen Recycle-Stationen aufsuchen und kaputt Motherboards oder ähnlichen Müll in wertvollere Materialen tauschen. Im Spielverlaufen lassen sich dann Baupläne finden, so dass man im Endeffekt mehr Gegenstände herstellen kann. Mir hat dieses Feature ganz gut gefallen, gerade wenn man an Munitonsarmut gelitten hat und mit Hilfe von Schrott seine Shotgun wieder einsatzbereit machen konnte.
Komplexes Spiel – simpler Shooter
Auch wenn Prey viele Möglichkeiten zum Experimentieren bietet, so ist der Shooterpart doch ziemlich klassisch gehalten. Ihr habt die Auswahl zwischen futuristischen und nicht so futuristischen Waffen (hervorzuheben ist dabei auf jeden Fall die Gloo-Gun, die Schaumstoffklebekugeln verschießt, die sowohl den Gegner bewegungsunfähig machen als auch improvisierte Treppe dienen können) und das war es auch schon. Es gibt kein über Kimme-und-Korn-Zielen oder alternative Feuermodi – es gibt nur euch, die Maus und die linke Maustaste. Die rechte Maustaste dient zur Verwendung von Typhonkräften, die allerdings PSI kosten, quasi das Mana in Prey. Viel mehr gibt es dazu auch nicht zu erzählen, als reiner Shooter wäre Prey auf jeden Fall nichts besonderes und würde in der Menge der aktuellen Ballerspiele untergehen. Zum Glück wird das durch die verschiedenen Herangehensweisen bravurös verhindert.
Technisch top!
Prey nutzt die Cryengine, daher gibt es grafisch auch nichts zu meckern. Ab und zu werden Texturen nachgeladen, was manchmal etwas unschön wirkt, ansonsten sieht das Spiel aber sehr schick aus. Denn auch wenn Talos eigentlich eine Raumstation ist, so ist es doch sehr schön designed und bietet Interieur-Stile wie „Retro-Futurismus bis zu Art déco“ (Quelle: wikipedia). Auch die Soundkulisse ist toll umgesetzt, man fühlt sich ständig beobachtet und wird durch verschiedenste Töne immer mal wieder aufgeschreckt. Das unterstützt sehr gut die Gefahr, die von den Typhon ausgeht, da diese sich ja in verschiedenste Gegenstände verwandeln können und so auf den ersten Blick gar nicht auffallen. Von der technischen Seite gibt es von mir bis auf die wie erwähnt manchmal langsam ladenden Texturen keine Kritik.
Fazit
Wer auf Spiele wie Bioshock oder das eingangs erwähnte System Shock 2 steht macht mit Prey keinen Fehler und wird für einige Stunden sehr gut unterhalten. Die offene Spielwelt und verschiedene Lösungsansätze laden zum Erkunden von Talos I ein, auch wenn die Story meiner Meinung nach etwas mau ist und man da durchaus noch mehr hätte daraus machen können – das liegt u.A. an den Audiologs, E-Mails und Notizen. Ansonsten hatte ich doch sehr viel Spaß mit Prey und würde auf einer Punkteskala 9/10 vergeben, einfach weil das Gameplay sehr vielseitig ist und dazu auch noch toll aussieht.
P.S.: An alle Entwickler weltweit: lasst doch bitte mal diese verdammten Sammelobjekte sein, die die Story erzählen! Ich möchte mir nicht selber wichtige Infos zusammen suchen müssen, ich will das ihr mir was tolles präsentiert.