Hotline Miami war für mich eines der besten Spiele der letzten Jahre. Diese Mischung aus unglaublich antreibendem Soundtrack, das schnelle Respawnsystem und dieses brutale Gameplay – einfach traumhaft. Vor 11 Jahren erschien mit Stranglehold ein Spiel von John Woo, auf das ich damals fieberhaft gewartet und danach auch Stunden mit verbracht hatte. Auch hier: schnelle und brutale Action, Bullettime und coole Moves machten das Spiel zu einem meiner Ballerfavoriten. Ein kleines schwedisches Entwicklerstudio namens VRESKI hat sich zusammengesetzt und einen Hybriden aus diesen beiden Spielen erschaffen. Ob durch die gefühlte Zusammenführung auch der Spielspaß verdoppelt wurde oder hier nur mit Platzpatronen geschossen wird?
Ein Treffer genügt
Das Spielprinzip von The Hong Kong Massacre ist schnell erklärt: ihr ballert euch in bester Twin-Stick-Shooter Manier aus der Top-Down Perspektive durch verschiedene Level und habt gewonnen, sobald alle Gegner das Zeitliche gesegnet haben. Die Abschnitte sind daher auch räumlich begrenzt und nicht miteinander verbunden, ihr bewegt euch nur in einem vorgegebenen Bereich. Klingt erstmal unspektakulär, spannend wird es aber durch den Umstand, dass jeder Treffer – sowohl für euch als auch für die Gegner – den Tod bedeutet. Ihr solltet euch also nicht zu unbedacht durch die Level bewegen, da man sonst schneller eine Kugel zwischen den Augen hat als einem lieb ist und wieder von Beginn anfangen muss.
Das Spiel gibt euch zwei Hilfen an die Hand, die allerdings auch Nachteile mit sich bringen. Ihr könnt wie auch in Stranglehold die Zeit verlangsamen und den Schüssen so besser ausweichen und/oder euch mit Hechtrollen aus der Schussbahn werfen. Diese Mechaniken machen das Spiel um einiges einfacher (gerade die Hechtrolle ist overpowered, in der Animation selber ist man nämlich nicht zu treffen – im Prinzip könnt ihr euch durch das ganze Level hechten), verhindern aber auch, dass ihr zu Levelbeginn bessere Waffen bekommt.
In den Abschnitten lassen sich nämlich Sterne verdienen, die man z.B. erhält, wenn man innerhalb des Durchgangs keine Rollen oder Zeitlupen verwendet oder man das Level in einer bestimmten Zeit abschließt. Die freischaltbaren Waffen sind aber kaum der Rede wert und lassen sich innerhalb der Level eh einsammeln, so dass zumindest ich gar kein Interesse hatte, da irgendwelche Sterne zu sammeln. Da hat es Hotline Miami mit seinen Masken, die verschiedene Fähigkeiten verliehen haben, viel besser gelöst und mich auch viel mehr motiviert.
Vielfalt ist generell nicht die Stärke von The Hong Kong Massacre, die Gegner sehen fast immer gleich aus und auch das Leveldesign/Layout könnte abwechslungsreicher sein. Nichtsdestotrotz motiviert das Spielprinzip an sich schon und man ertappt sich dabei, wie man sich immer wieder sagt: „Ein Versuch geht noch“.
Bombastische Präsentation
Seine Stärken spielt der Shooter in der Präsentation aus. Auch wenn die Rachestory an sich total vernachlässigbar ist und wirklich nur Mittel zum Zweck ist, so sehen die Shootouts einfach fantastisch aus und ziehen den Spieler richtig ins Geschehen. Durch Schrotflintengeschosse zerberstende Türen, Gegner, die durch den Einschlag der Kugeln durch Tische geschleudert werden, tolle Partikeleffekte – optisch weiß The Hong Kong Massacre wirklich zu Gefallen. Auch die Lichteffekte machen einen schönen Eindruck, gerade durch die sonst so farblosen Areale im urbanen Hong Kong wirken diese umso kraftvoller.
Der Soundtrack erfüllt seinen Zweck, kommt für mich aber zu keiner Zeit an die Hotline Miami Qualität ran – dafür sind die Lieder zu ruhig und langsam. Soundeffekte sind dafür wieder gut gemacht, Schüsse und Einschläge kommen wuchtig über die Boxen.
Fazit
The Hong Kong Massacre macht einen soliden Job. Das Shootergameplay ist stimmig und schön in Szene gesetzt, allerdings schwächelt das Spiel bei der Abwechslung und der Langzeitmotivation – mehr als einen Durchgang werden wahrscheinlich die wenigsten Spieler wagen. Wer eine Alternative zu Hotline Miami sucht wird sicher seinen kurzzeitigen Spaß mit dem Spiel haben, 20€ waren mir rückblickend betrachtet aber zu teuer.