Horrorgames gibt es gefühlt seit Anbeginn der Videospiele an sich. Resident Evil legte damals mit dem Erscheinen auf der PS1 den Grundstein für das wohl erfolgreichste Gruselfranchise bis zum heutigen Tag. Doch Konami wollte auch was vom Kuchen abhaben und gründete mit Silent Hill ein Konkurrenzprodukt, das erst als interessante Alternative zum Zombieschocker aus dem Hause Capcom galt, in Silent Hill 2 aber in einer Perfektion gipfelte, an die meiner Meinung nach kein anderes Horrorgame bis heute heranreicht.
Die für mich bis heute absolut herausragenden Punkte sind dabei die Story und die Atmosphäre. Die Geschichte rund um James Sunderland und seiner Frau Mary ist so greifbar und nachvollziehbar und kommt komplett ohne Action-Bombast und dem großen Weltretterszenario wie in anderen Horrorspielen aus. Hier geht es um eine Ehe, die durch eine unheilbare Krankheit der Ehefrau auf eine harte Probe gestellt wird und diese Probe eben mal nicht zu meistern weiß sondern daran zerbricht, schon vor dem Tod von Mary. Schuld, Reue und Vergebung sind die Hauptthemen, die sich wie ein roter Faden durch Silent Hill 2 ziehen – sowohl in der Erzählung an sich als auch im Spieldesign. Daneben werden auch andere schwer verdauliche Punkte wie u.a. Kindesmissbrauch, häusliche Gewalt und Mobbing thematisiert und dargestellt.
Wie bereits erwähnt werden diese Themen auch im Spieldesign wiedergegeben. Die Darstellung der Monster entspringen James Psyche und lassen sich als Charaktereigenschaften des Protagonisten (oder ist James eventuell sogar eigentlich der Antagonist?) interpretieren, ebenso das Leveldesign, das verschiedene Stationen der Beziehung zwischen James und Mary bildlich darstellt. Jeder Gegner, jeder Ort, nichts ist willkürlich platziert worden – alles ergibt im Gesamtkontext der Geschichte Sinn. Es macht nach dem (mehrmaligen) Durchspielen daher noch mehr Spaß, sich YouTube Videos anzuschauen oder durch Foren zu stöbern und sich allerlei verschiedene Interpretationen einzuverleiben.
Neben diesen Aspekten spielt auch die musikalische Untermalung eine sehr große Rolle für die Großartigkeit von Silent Hill 2. Akira Yamaoka hat mit der Soundkulisse von Silent Hill 2 für mich seine beste Arbeit abgeliefert und einen der grandiosesten Spielsoundtracks aller Zeiten geschaffen. Ich kenne wenige Spiele, die durch Musik und Soundeffekte eine so unbehagliche Stimmung erzeugen können, so dass man fast komplett auf billige Jumpscares verzichten kann. Und auch die für damalige Verhältnisse (und auch heute noch schön anzuschauende) herausragende Grafik spielt dem audiovisuellen Erlebnis in die Karten. Das Spiel mit der Ungewissheit, symbolisiert durch Dunkelheit und Nebel, die nur von einer kleinen Taschenlampe erhellt wird, ist einfach die perfekte grafische Untermalung für dieses Spiel.
Und diese Ungewisssheit ist es auch, die den Großteil des Horrors ausmacht. Ständig rechnet man mit erschreckenden Momenten, die jedoch dann an vermeintlich sicheren Stellen auftauchen und das oft auch nur ganz subtil. Das erste Aufeinandertreffen mit Pyramidhead zB war für mich ein „Jumpscare“, der eigentlich gar keiner ist. Er erscheint nicht plötzlich aus dem Nichts und erschreckt jemanden, er steht einfach regungslos an einer bis dahin unerreichbaren Stelle und schaut dem Spieler zu. Als ich ihn dann entdeckt hatte musste ich kurz pausieren, denn so subtil dieser Schreck auch war, durch alle zuvor erwähnten Faktoren knallte dieser Moment richtig rein.
Silent Hill 2 ist bis heute das für mich rundeste Horrorspiel, höchstens Resident Evil 2 könnte an dem Status rütteln, wobei dies trotz fast gleichem Gameplay dann doch in eine andere Richtung geht. RE2 wird zum Ende hin immer actionlastiger und verliert immer mehr seinen Schrecken, während SH2 dur auf einem Niveau bleibt und besonders das tragische Ende für Gänsehaut sorgen kann und sicherlich auch wird. Falls ihr Silent Hill 2 aus Gründen noch nicht gezockt haben solltet und ein Meisterwerk von einem Spiel sucht, zögert nicht und gönnt euch diesen Klassiker des Survival-Horrors.