Als Valve das Steam Deck 2021 ankündigte, da war meine Vorfreude kaum bis gar nicht geweckt. Als Besitzer einer Playstation 5, Xbox Series X, Nintendo Switch, einem relativ performanten PC und allerlei Retro-Konsolen habe ich einfach keinen Mehrwert für mich in dem Handheld-PC gesehen. Jetzt, ein Jahr später und seit ca. einem Monat selber in Besitz eines Steam Decks, merke ich, wie falsch mein damaliges Ich doch lag. Für mich hat sich das Steam Deck als einer der besten Hardwarekäufe der letzten Jahre herauskristallisiert. Die Gründe möchte ich euch in diesem „Test“ erläutern.
Das Steam Deck ist im Prinzip ein tragbarer, auf Linux basierender PC, durch den mit einer extra entwickelten Steam-Oberfläche navigiert wird und der in eine Nintendo Switch ähnliche Passform gepresst wurde. Folgende Komponenten befinden sich im Inneren des Gerätes:
AMD APU
CPU: Zen 2 4c/8t, 2,4 – 3,5 GHz (bis zu 448 GFlops FP32)
GPU: 8 RDNA 2 CUs, 1,0 – 1,6 GHz (bis zu 1,6 TFlops FP32)
APU-Leistung: 4 – 15W
16 GB LPDDR5 Onboard-RAM (5500 MT/s 32-Bit-Vierkanal)
Variante 1: 64 GB eMMC (PCIe Gen 2 ×1)
Variante 2: 256 GB NVMe-SSD (PCIe Gen 3 ×4 oder PCIe Gen 3 ×2*)
Variante 3: 512 GB Hochgeschwindigkeits-NVMe-SSD (PCIe Gen 3 ×4 oder PCIe Gen 3 ×2*)
Mit einer Auflösung von 1280 x 800 (16:10) und allen gängigen Schnittstellen kann das Steam Deck bei Maßen von 298 mm × 117 mm × 49 mm und einem Gewicht von ca. 670 Gramm schon einiges unter der Haube vorweisen. Das komplette Datenblatt könnt ihr euch hier anschauen. Aktuell gibt es drei verschiedene Ausführungen zu bestellen, die sich hauptsächlich durch die Festplattengröße unterscheiden. Die günstigste Variante liegt momentan bei 319€, die mittlere xxx€ und für die teuerste müsst ihr 679€ hinblättern. Ich hatte mich für das mittelpreisige Modell entschieden, das mit 256 GB internem Speicher und einer hübschen Schutztasche daher kommt. Durch einen Micro SD Kartenslot lässt sich die Speicherkapazität übrigens ohne weiteres erhöhen.
Doch auf die Hardware möchte ich auch gar nicht so genau eingehen, da gibt es Portale, die das viel besser und genauer können. In diesem Test, eher schon Erfahrungsbericht, möchte ich meine, nun ja, Erfahrungen mit dem Steam Deck mit euch teilen. Und gleich vorweg: obwohl ich, wie zu Beginn erwähnt, alle Konsolen der aktuellen Generation und einen einigermaßen potenten Rechner mein Eigen nenne, war das Steam Deck der wohl beste Hardwarekauf der letzten Jahre für mich.
Drei Punkte spielen dafür eine wesentliche Rolle, die sich im Laufe meiner Nutzung herauskristallisiert haben. Da wäre die für ein Handheldgerät starke Hardware. In Sachen Leistung steckt sie die Switch locker in die Tasche, selbst aktuellere Spiele wie Resident Evil Village kann sie auf mittlerer Detailstufe mit fast durchgehend 60 FPS darstellen. Das geht zwar auch immer etwas zu Lasten der Akkuleistung, generell ist das aber problemlos möglich. Wer also grafikintensive Spiele auf der Couch, im Bett oder unterwegs zocken möchte, der hat mit dem Steam Deck jetzt die Möglichkeit und muss nicht auf downgegradete Switchports hoffen.
Neben dem starken Innenleben, das neue Games mobil spielbar macht, bietet das Steam Deck in Kombination mit der EmuDeck-Software das wohl beste Komplettpaket an Emulatoren auf dem Markt. Eine Installation reicht und schon hat man vom C64 bis zur Switch alles, was das (Retro)herz begehrt. Dazu sind alle Emulatoren so gut wie einsatzbereit und müssen bis auf wenige Ausnahmen nicht konfiguriert werden. Für mich, der seine alten Spiele digital archiviert hat und auch heute gerne immer noch spielt, ist das Feature fast schon ein alleiniger Kaufgrund.
Der letzte große Pluspunkt, der aber auch gleichzeitig für einige Probleme sorgt, ist die Wahl von Linux als Betriebssystem. Die Anpassungsmöglichkeiten und Auswahl an Plugins ist überwältigend, für fast jedes Problem gibt es die passende Lösung. Es ist zu Beginn nicht so intuitiv wie Windows, mit Hilfe von Tutorials findet man sich aber gut zurecht. Doch dazu sei gesagt: möchte man das Steam Deck anpassen oder spezielle Funktionen außerhalb des Auslieferungszustandes nutzen, so sollte man etwas Zeit und Geduld (und eventuell eine Bluetooth-Tastatur und -Maus) mitbringen. Doch da kommt auch das wohl größte Problem mit Linux zu tragen: einige Spiele funktionieren nur unter Windows, hauptsächlich wegen Anti-Cheat Programmen, die installiert werden müssen. Es gibt zwar die Möglichkeit, mit Dual-Boot auch Windows auf dem Steam Deck laufen zu lassen, ist aber mit Aufwand verbunden.
Die Haptik des Steam Decks weiß zu überzeugen. Mit ähnlichen Maßen einer Switch (104 mm x 175 mm x 50,7 mm, ca. 315g) liegt Valves auch bei längeren Zocksessions gut in der Hand, mit eingeschlafenen Griffeln musste ich mich bis jetzt nicht rumschlagen. Neben zwei Analogsticks und einem Digipad gibt es die vier klassischen Facebuttons, vier Schultertasten, L3 und R3, vier Buttons auf der Rückseite (ähnlich den gängigen Scuf-Controllern) und zwei Touchpads mit Klickfunktion, um eine relativ zuverlässige Maussteuerung zu implementieren. Wer damit nicht zurecht kommen sollte: das Display bietet auch die Möglichkeit der Touchsteuerung, also sollte es für jede Vorliebe die passende Variante geben. Ebenfalls positiv: die Tasten lassen sich komplett selber mappen, außerdem besteht die Möglichkeit, für jedes Spiel Layouts zu erstellen oder von der Community kreierte Vorlagen zu nutzen.
Um Akkuleistung zu sparen lassen sich FPS limitieren oder die generelle Leistung runterschrauben, was besonders bei grafikintensiven Games einiges an Spielminuten rausholen kann. Ansonsten ist die Lebensdauer einer Akkuladung solide, aber nicht überdurchschnittlich gut, es kommt halt wirklich auf das Spiel an.
Das Display leistet dafür umso bessere Arbeit und überzeugt mit satten Farben und klaren Kontrasten. Die Standard-Switch kann da nicht mithalten, die OLED-Switch hatte ich als Vergleichsgerät leider nicht parat.
Doch trotz meiner Lobeshymnen möchte ich erwähnen: für Gelegenheitsspieler oder Menschen, die einfach ganz problemlos eine Runde zocken wollen und dabei auf nichts achten möchten, ist das Steam Deck vielleicht nicht die allererste Wahl. Durch die vielen Einstellungs- und Optimierungsmöglichkeiten ist Valves tragbarer Linuxrechner eher für Leute gedacht, die gerne mal die ein oder andere Minute ins Basteln investieren und sich von Rückschlägen bei der Einrichtung nicht unterkriegen lassen. Mit dem „Für Steam Deck optimierte Spiele“-Siegel gibt es zwar die Möglichkeit, ganz unkompliziert Spiele zu installieren und schon optimal eingestellt zu zocken, das ist aber meiner Meinung nach nicht der Anspruch des durchschnittlichen Steam Deck Käufers. Ich für meinen Teil wollte mit dem Steam Deck Emulatoren nutzen und vielleicht auch Spiele spielen, die gar nicht bei Steam erhältlich sind. Und das geht halt nicht, ohne dass man sich etwas in System einarbeiten muss.
Ich bereue den Kauf keine Sekunde und habe in letzter Zeit wohl mehr mit dem Steam Deck als Playstation 5, Xbox Series X oder der Switch verbracht. Und durch immer größere Unterstützung des Steam Decks durch Entwickler und Modder steht der Linuxmaschine wohl eine rosige Zukunft bevor. Ich würde es mir wünschen.