Ich liebe Sportspiele. Umso enttäuschender verlief das Videospieljahr 20/21 der sportlichen Versoftungen für mich. PES macht Spaß, bietet aber nicht genügend Abwechslung, FIFA kommt zwar mit massig Content, macht mir vom Gameplay aber nicht so viel Laune. Die Maddenreihe liegt seit Wochen mit Bugs brach und wird von EA keines Blickes gewürdigt und NHL 21 könnte auch NHL 20 heißen, einzig NBA 2k21 wusste mich einigermaßen abzuholen. Doch nun habe ich Dank des Game Passes einen neuen Herausforderer auf dem Schirm, der mir das sportliche Videospieljahr doch noch versüßt hat – Willkommen bei The Show!
Viel zu tun
MLB The Show ist eine von Sony entwickelte und gepublishte Baseball-Simulation, die dieses Jahr zum ersten Mal auch auf der Xbox erschienen und dazu auch noch im Game Pass enthalten ist. Anders als Super Mega Baseball setzt The Show dabei auf photorealistische Grafik und voll lizensierten Ligen, so dass das Gesamtpaket mit einer Menge Authentizität glänzen kann. Glänzen kann die Simulation aber nicht nur durch echte Namen und alles was dazugehört, sondern auch durch eine Fülle an verschiedenen Modi, bei denen es eine ganze Menge zu tun gibt und der Content bis zum nächsten Teil halten sollte.
Neben klassischen Sportspiel-Modi wie Exhibition und Franchise gibt es u.a. dem March to October, Road to The Show und die Diamond Dynasty. March to October ist ein abgespeckter Franchise-Mode, bei dem Schlüsselmomente aus der Saison gespielt werden und man sein gewähltes Team so mit erfolgreichen Aktionen boosten oder mit fehlgeschlagenen Aufgaben demoralisieren kann, die sich dann auf die simulierten Ergebnisse während der Saison auswirken. In Road to The Show verfolgt ihr die Karriere eures erstellten Spielers von den Minors zur Major-League und könnt euch so über mehrere Saison zur absoluten Baseball-Legende hocharbeiten. Dabei verbessert ihr eure Attribute, nutzt freigeschaltete Perks für Wertungsboosts oder verbessert eure Werte mit neuer Ausrüstung, die sich – wie auch die Perks – in verschiedene Seltenheitsgrade unterteilen. Diamond Dynasty ist der Ultimate Team Modus von MLB The Show, allerdings mit erheblich mehr Content als der Kick aus dem Hause EA. Ihr könnt in einem risikoesken Brettspiel Felder mit euren Fans einnehmen und müsst gegnerische Team von der Landkarte putzen, verschiedene baseballgeschichtliche Momente nacherleben oder euch mit einem gedrafteten Team bis zum Endboss durchbeißen. Dabei gibt es natürlich auch immer was zu erspielen, Packs mit verschiedenen Themen (Spieler, Stadien, Perks, Gemischtes) gibt es immer wieder als Belohnung zugesteckt. Was mir daran besonders gefällt: freigespielte Gegenstände lassen sich auch in anderen Modi nutzen, gerade für Road to The Show lässt sich einiges freischalten.
Daneben gibt es natürlich auch einen Online-Modus oder kleine Minispiele wie eine Homerun Challenge oder einen Retro-Modus, bei dem es eigentlich nur auf gutes Timing ankommt und, wie der Name schon verrät, sich an Baseballspielen der alten Generationen bedient. Es gibt also einiges zu tun, doch auch wenn die Spielvielfalt zu überzeugen weiß kommt es dann doch darauf an, wie sich MLB The Show auf dem Feld der Träume tatsächlich spielen lässt.
Eine runde Sache
Und auch hier weiß Sonys Baseballsimulation vollends zu überzeugen. Batting, Pitching, Fielding – alles spielt sich wie aus einem Guss und sieht dabei auch noch fabelhaft aus, in manchen Kameraeinstellungen könnte man meinen, dass man sich eine echte Übertragung anschaut. Da ich das letzte Jahr ausgesetzt habe kann ich keinen Vergleich zu The Show 20 ziehen, was Gameplaymechaniken angeht, aber falls ihr mehrere Saisons ausgesetzt haben solltet oder ihr der Serie komplett neu beitretet könnt ihr euch auf interessante und spaßige Elemente einstellen, die sich intuitiv spielen lassen und trotzdem ein gewaltiges Maß an Skill fordern. Während es beim Batting, also beim Schlagen des Balles, noch relativ simpel vonstatten geht (ihr könnt zu jeder Situation übrigens verschiedene Eingabemethoden wählen, daher ist meine Ausführung jetzt nicht die einzig mögliche) und ihr quasi „nur“ das „Fadenkreuz“ bewegt und dann mit verschiedenen Tasten verschiedene Schläge ausführt, müsst ihr beim Pitching je nach Wurfart mit dem rechten Stick Linienabfolgen nachzeichnen, wobei die Genauigkeit und das Timing der Ausführung über Erfolg und Misserfolg des Pitches entscheidet. Das ist eine gelungene Abwechslung zum sonst oft einfach timingbasierten Knöpfchendrücken anderer Genrevertreter.
Im Prinzip bestehen die einzelnen Gameplayteile bei MLB The Show 21 aus verschiedenartigen Minispielen, die positionsabhängig zu absolvieren sind. Spielt ihr beispielsweise einen Outfielder, so müsst ihr bei einem erfolgreichen Schlag einem Indikator folgen, der euch zeigt, an welcher Stelle im Feld der Ball aufkommen wird. Nach einem erfolgreichen Catch sucht ihr euch dann aus, zu welcher Base ihr das runde Spielgerät werfen wollt. Dabei müsst ihr einen Zeiger in einem grün markierten Bereich anhalten, um so eine gute Genauigkeit beim Wurf an den Tag zu legen. Egal auf welcher Position ihr also unterwegs seid, ihr habt ständig was zu tun und ihr habt ständig andere Dinge zu tun – Langeweile sollte so also nicht aufkommen. Besonders die höheren Schwierigkeitsgrade sind verdammt herausfordernd und können zwar für Frust, aber auch für erweckten Ehrgeiz sorgen. Neben eurer Fingerfertigkeit am Pad müsst ihr auch ein gutes Händchen bei der Wahl eurer Spieler beweisen, da sowohl Ausdauer und auch Moral der Spieler über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Es kann also von Vorteil sein, den Starting Pitcher nach einer bestimmten Anzahl von Pitches auszuwechseln, weil der Arm nicht mehr so mitmacht wie er sollte und durch zwei zugelassene Homeruns auch der Glaube an sich selber schwindet.
Generell ist das Thema Schwierigkeitsgrad bei The Show 21 sehr angenehm, da es eine Einstellung gibt, die den Grad automatisch reguliert. Wenn das Spiel also merkt, dass ihr beim Batting aus jedem Ball einen Homerun macht, dann wird das Spiel die Pitcher sukzessive besser werfen lassen. Seid ihr dafür beim Pitching nicht so bewandert und erzeugt viele Base on Balls, wird der Härtegrad nur für diesen Part des Spiels unten gehalten. So reguliert The Show für euch das bestmögliche Difficultylevel, ohne das ihr euch durch zig Einstellungen qüalen müsst. So kommen sowohl Anfänger als auch Experten auf ihre Kosten.
Da MLB The Show 21 so viele verschiedene Einstellungsmöglichkeiten bietet ist auch für jeden Spielertyp etwas dabei. Manche wollen komplette Saisons inkl. Draft, Trades etc. spielen und nichts der Simulation überlassen, manche Spieler wollen eventuell mal einen Ball schlagen oder werfen und sich mit Nebenschauplätzen nicht beschäftigen. The Show 21 bietet sowohl vom Gameplay selbst als auch von den Modi so für jeden Spielertypen die optimale Lösung an.
MLB Network oder doch nur ein Spiel?
Grafisch ist MLB The Show 21 mit NBA 2k21 wohl das derzeit bestaussehendste Sportspiel auf den aktuellen Konsolen und selbst auf Last-Gen Maschinen sieht es immer noch toll aus. Gesichtsanmiationen, Bewegungen, Beleuchtung – manchmal könnte man denken, es läuft gerade das MLB Network und nicht MLB The Show. Bei langen Spielen fängt es an zu dämmern, Spielkleidung wird im Laufe der Begegnung immer schmutziger und bei manchen Schlägen bricht der Schläger in zwei Teile, es gbt einfach unzählige Details, die einem auffallen können.
Auch die Präsentation in Road to The Show ist nett gemacht, dort gibt es immer mal Einspieler mit echten MLB Reportern und Shows, die einem das Gefühl der Immersion näher bringen und man sich mit seinem eigenen Spieler wirklich eingebunden fühlt. Die gesamte Aufmachung während der Innings wirkt wie aus einer TV Übertragung, da können sich andere Sportspiele locker ein, zwei Scheiben von abschneiden.
Die Kommentatoren könnten hingegen etwas abwechslungsreicher sein, manche Sätze kenne ich noch aus dem 19er Teil, hier hat man ein wenig gespart und nur aktuellere Fakten eingestreut, allgemeingültige Sätze wiederholen sich aber relativ schnell. Das lässt sich aber locker verzeihen, wenn man sich den Rest der Präsentation anschaut.
Fazit
Für Spieler wie mich, die MLB The Show ausgesetzt oder noch nie gespielt haben, ist der neueste Teil der Sony-Serie aktuell wohl eines der besten, wenn nicht sogar das beste Sportspiel auf dem Markt. Ich habe bisher schon unzählige Stunden in Diamond Dynasty und vor allem Road to The Show gesteckt und denke nicht einmal im entferntesten dran, in nächster Zeit aufzuhören oder die Lust daran zu verlieren. Dafür bietet das Spiel zu viele Möglichkeiten als das mir langweilig werden würde. Das Gameplay an sich ist abwechslungsreich und bietet für jeden Spielertypen die passenden Einstellungen. Ich selber bin durch MLB The Show erst zu einem „richtigen“ Baseball-Interessent geworden, hatte also vorher bis auf Videospiele keine wirklichen Bezugspunkte zu dem Sport – mittlerweile kann ich gar nicht genug Infos aufsaugen und daran hat das Spiel einen erheblichen Einfluss. Fans, die sich jeden Teil eh kaufen müssen abschätzen, ob die Neuerungen wie das neue Pitchingsystem und aktuelle Kader zum Kauf genügend Anreize bieten. Ich für meinen Teil würde MLB The Show 21 jedem empfehlen, der auch nur den Hauch von Interesse an Sportspielen finden kann. Mein Sportspieljahr 20/21 ist auf jeden Fall nun gerettet.