Ich liebe Horrorspiele. Den Grundstein für die Passion des Genres setzte, wie sollte es anders sein, Resident Evil auf der Playstation 1. Als damals achtjähriger Dötz hatte ich Sonys wegweisende Konsole bekommen und dazu gab es einige „Sicherheitskopien“, u.a. halt auch Capcoms Horrorurgestein. Trotz Warnungen meiner Eltern, dass Spiel nicht anschmeißen zu dürfen, habe ich es irgendwann heimlich doch getan und war von der bis dahin wohl unheimlichsten Atmosphäre in einem Videospiel so überwältigt und eingeschüchtert, dass ich mich nie außerhalb des Speisesaals getraut habe – die, die es kennen, wissen Bescheid. Zwei Jahre später lieh ich mir von meinem Cousin Resident Evil 2 aus und auch dort hatte ich meinen Safespace: Kendos Waffenladen. Da gab es nur das Problem, dass ab einem bestimmten Trigger Zombies durch die Schaufensterscheibe brechen und Kendo im wahrsten Sinne des Wortes vernaschen. Das Spiel war für mich also auch erst einmal ein rotes Tuch, hatte mich in meinen jungen Jahren wohl über- und meine Angst unterschätzt. Mit fortschreitendem Alter habe ich mich dann noch einmal an die Teile gewagt und mittlerweile kann ich sagen, dass ich jeden Hauptteil des Franchises mehrmals durchgespielt habe und sich Resident Evil zu einem meiner absoluten Lieblingsserien gemausert hat. Das Selbe gilt auch für Silent Hill, wobei ich da auch heute noch, mit Mitte 30, guten Respekt (=Furcht) vor den Teilen 1 – 4 habe.
Dieses frühe Aufeinandertreffen mit (Survival-)Horror hat mich bis heute geprägt. Besonders auf der Playstation 1 und Playstation 2 sind die für mich besten Vertreter des Genres erschienen: die klassische Resident Trilogie, Silent Hill 1 – 4, Dino Crisis, Haunting Ground, Rule of Rose, Cold Fear, Alone in the Dark: The New Nightmare, Parasite Eve 1 + 2, Clock Tower und viele mehr. So viele Erinnerungen an tolle Horrorspiele, von denen meiner Meinung nach auch heute noch viele gut bis sehr gut spielbar sind. Psychohorror, brutale Splatterorgien, Übernatürliches – für jeden Geschmack war etwas dabei. Auch später erschienen immer wieder tolle Horrorspiele wie Dead Space, The Evil Within oder Condemned.
Spätestens mit dem Aufstieg von Twitch und Effekthascherei als Content ist die Qualität der Gruselgames meiner Meinung nach stark gesunken. Stellvertretend für den „Untergang“ des Genres ist dabei für mich Outlast, das Highlightclips für Let’s Player und Reaction-YouTuber im Sekundentakt produziert hat. Eriinnert ihr euch noch an diesen schlechten Netflix-Film Veronica, der laut Social Media (Marketing) der gruseligste Film aller Zeiten sein sollte und Menschen das Schauen abbrechen mussten? Im Gaming-Bereich ist das Outlast für mich. Mein YouTube-Algorithmus wurde mit Jumpscare-Clips geflutet, bei denen Menschen wortwörtlich vor Schreck vom Stuhl gefallen sind und haben damit diesen Mythos erschaffen, dass das Spiel eines der gruseligsten Releases auf dem Markt sei. Jeder, der Outlast gespielt hat, weiß, dass das Spiel ausschließlich von Jumpscares lebt und bis auf ein paar ins Bild springende Fratzen nicht viel zu bieten hat. Kein Vergleich zu den vorher genannten Spielen und dennoch einen unglaublichen großen Impact aufs Genre, einfach durch diese viral gegangenen „Erschreckclips“.
Jetzt hätte ich damit generell kein Problem, Jumpscare-Walking-Simulatoren könnten ja ein nettes Subgenre des Horrorsektors werden und neben dem „klassischen“ Survival-Horror existieren. Doch leider passierte etwas, das zwangsläufig passieren musste: der Horrormarkt wurde mit Outlast-ähnlichen Titeln überflutet, besonders im Indie-Sektor. Man wollte immer krassere Reaktionen hervorrufen, um im Social Media Bereich auf sein Spiel aufmerksam zu machen und so wurde eine ziemliche lange Zeit Horror mit Jumpscare gleichgesetzt. Viele (Indie)Entwickler gingen und gehen teilweise auch noch davon aus, dass guter Grusel darin besteht, Spielerinnen und Spieler einen möglichst großen Schrecken einzujagen. Das mag bis zu einem gewissen Grad auch stimmen, gute Horrorspiele verlassen sich aber nicht nur darauf. Der Urvater des Survival-Horrors, Resident Evil (Alone in the Dark war in der Umsetzung noch zu holprig), bietet natürlich auch den ein oder anderen plötzlichen Schreckmoment, hauptsächlich wird der Grusel aber durch die Atmosphäre erzeugt. Ein scheinbar verlassenes Herrenhaus, die Ungewissheit, was hinter jeder Ecke der engen Korridore lauern könnte,, ein Soundtrack, der das Blut in den Adern gefrieren lässt, all das hat das Spiel zu einem Alltime-Classic gemacht. Du bist nicht aus der Ego-Perspektive (auch wenn das damals geplant war) durch das Anwesen gelaufen und alle fünf Minuten ist dir irgendeine Zombiefratze ins Bild gesprungen, es wurde Wert auf wahren Horror gelegt, der sich auf dem Bildschirm und im Kopf abspielt.
Mittlerweile ist es wieder etwas besser geworden, Capcom mit seinen Remakes und auch kleine Indiespiele wie Tormented Souls oder Signalis zeigen, dass der „anspruchsvolle“ Horror immer noch funktioniert. Und selbst für „Walking-Simulator“-Gruselfans gibt es Spiele, die mit Setting und Vibe punkten, um die Amnesia-Reihe oder Visage als positive Beispiele zu nennen. Dennoch hat Outlast für mich einen ganz schwer zu ertragenden Trend ausgelöst, der auf Twitch und YouTube seinen Höhepunkt mit immer „heftigeren“ Reactions fand.